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Charakteristische Weine vom höchsten Weinanbaugebiet Deutschlands

Charakteristische Weine vom höchsten Weinanbaugebiet Deutschlands

Der Olgaberg am Hohentwiel stellt auf Öko-Anbau um

von Holger Hagenlocher

Kein Wein wächst höher. Der Hohentwiel ist mit 562 Höhenmetern das am höchsten gelegene Weinanbaugebiet Deutschlands. Und schon bald wird es am Hohentwiel nur noch Wein aus ökologischem Anbau geben. Denn mit dem Olgaberg wird auch das zweite Weingut am Hohentwiel auf Öko-Weinbau umgestellt.

Weinbau am Olgaberg am Hohentwiel Singen
Ökologischer Weinbau an den Weinterrassen im Weinberg Olgaberg am Hohentwiel Singen, dem höchsten Weinanbaugebiet in Deutschland.. Foto: Holger Hagenlocher

An der Südseite des Hohentwiels liegen zwei Weingüter. Der Elisabethenberg des Weinguts Vollmayer im Südwesten (Weinbau bis 562 Höhenmetern) und dem Olgaberg des Staatsweinguts Meersburg im Südosten (Weinbau bis 530 Höhenmetern). Die Höhe verleiht den Weinen eine einzigartige Charakteristik. Denn durch den Abfall der Temperatur in der Nacht und der der Wärme, die entsteht, wenn die Sonne den vulkanischen Boden tagsüber aufheizt, entstehen deutliche Temperaturunterschiede, die den Weinen eine ausgeprägte Struktur und ein besonderes Aroma verleihen.

Hoher Kaliumgehalt macht Reben widerstandsfähiger gegen Frost

Auch der hohe Mineralgehalt des Vulkanfelsens prägt die Struktur aller hier wachsenden Rebsorten. „Der Vulkanboden ist tatsächlich schmeckbar“, so Jürgen Dietrich, Weingutsdirektor des Staatsweinguts Meersburg. „Der leicht erwärmbare vulkanische Boden findet sich in der geschmacklichen Intensität und der Aromatik der Weine“, so Dietrich. Neben dem mineralischen Geschmack ergäben sich, so Dietrich, durch den hohen Kaliumgehalt der Vulkanböden weitere Vorteile. So sind die Reben widerstandsfähiger gegen Winterfrost und die Weine sind lagerfähiger.
Nachdem bereits das Weingut Vollmayer nach einer dreijährigen Umstellung als Öko-Weinbau zertifiziert wurde, hat sich nun auch das Staatsweingut Meersburg mit dem Olgaberg auf den Weg gemacht, den Betrieb auf Öko-Weinbau umzustellen. Startschuss für die dreijährige Umstellungsphase war der 1. Januar 2018.

Der Hohentwiel ist Naturschutzgebiet seit 1941

Öko-Weinbau am Hohentwiel ergibt Sinn. Denn die Weinberge liegen eingebettet in das bereits 1941 eingerichtete Naturschutzgebiet mit einer 108 Hektar großen Fläche. Der Hontes, wie die Singener ihren Hausberg nennen, bietet mit seiner schützenswerten Naturlandschaft außergewöhnliche Lebensbedingungen für Pflanzen und Tiere. So kommen hier Pflanzen vor, die sonst vor allem in den Alpen, am Mittelmeer oder in den südosteuropäischen Steppen zu finden sind. Auch haben zahlreiche bedrohte Tierarten auf dem Hohentwiel eine Heimat gefunden, wie zum Beispiel seltene Bienen- und Heuschreckenarten, der Wanderfalke und andere bedrohte Vögel.

Vom naturnahen Weinbau zum Öko-Weinbau

Ökologischer Weinanbau am Olgaberg am Hohentwiel Singen. Foto: Holger Hagenlocher
Ökologischer Weinanbau am Olgaberg am Hohentwiel Singen. Foto: Holger Hagenlocher

„Wir haben bereits in der Vergangenheit auf naturnahen Weinbau am Hohentwiel gesetzt“, erklärt Dietrich, der seit über 17 Jahren die Geschicke des Staatsweinguts lenkt. „Als mit der Flurbereinigung Anfang 2000 behutsame Veränderungen bei der Terrassierung der Rebflächen vorgenommen wurden, haben wir darauf Rücksicht genommen, dass die Rebhänge den seltenen und bedrohten Tier- und Pflanzenartenarten geschützten Lebensraum bieten. Dabei wurden die Arbeiten wissenschaftlich-ökologisch begleitet. Zwischenzeitlich hat sich gezeigt, dass die gefährdeten Arten die neuen Terrassen gut angenommen haben.“

Die Kleinterrassen wurden geschaffen, damit sie besser bewirtschaftet werden können. Außerdem optimieren sie die Sonneneinstrahlung.
„Öko-Weinanbau geht darüber hinaus. Es bedeutet neben anderem, dass wir auf den Einsatz von Herbiziden und Fungiziden verzichten“, erklärt Thomas Hagenbucher, der als Betriebsleiter für die praktische Umsetzung der Maßnahmen am Olgaberg zuständig ist.
Fungizide und Herbizide sind Pestizide, also sogenannte Pflanzenschutzmittel, die mittels chemischer Substanzen diejenigen Pflanzen und Lebewesen zerstören, die als schädlich für den Ernteerfolg angesehen werden.
Hagenbucher zählt drei Punkte auf, die für den ökologischen Weinbau von Bedeutung sind. Der erste Punkt betreffe die Düngung. Hier werde auf Herbizide verzichtet und nur organischer Dünger eingesetzt. Der zweite Punkt ist der Pflanzenschutz. Anstelle von Fungiziden werden traditionelle Mittel, wie zum Beispiel Schwefel oder Kupfer zur Bekämpfung des Mehltaus, verwendet. Der dritte Punkt ist die Bodenbearbeitung, die sich von herkömmlichen Methoden unterscheidet, so Hagenbucher. All dies begünstige unter anderem Insekten, in den Weinberg einzuwandern.

Terrassen als Herausforderung beim Öko-Weinbau

Ökologischer Weinbau als besondere Herausforderung bei Terrassenlagen. Hänge könnten abrutschen.
Ökologischer Weinbau als besondere Herausforderung bei Terrassenlagen. Hänge könnten abrutschen. Foto: Holger Hagenlocher

Doch gerade beim Anbau in Terrassen ist der Öko-Weinbau eine Herausforderung, da Hänge abrutschen können, wenn man die Böden zu intensiv bearbeitet. Dennoch muss für eine gute Durchlüftung gesorgt werden, damit es zu keinen Pilzerkrankungen kommt. Insbesondere zwei Pilzkrankheiten sind für die Reben tödlich. Der sogenannte Echte Mehltau, gegen den im ökologischen Anbau mit Schwefel vorgegangen, und der Falsche Mehltau, gegen den nun mit Kupfer zu Felde gezogen wird. Beide Pilzkrankheiten wurden aus Amerika nach Europa eingeschleppt, wo sie keine natürlichen Feinde haben. Es gibt auch keine Rebsorten, die gegen diese Pilze widerstandsfähig sind.

Zielkonflikt: Mehr Maschineneinsatz im Öko-Weinbau bedeutet höhere CO2-Belastung

Jürgen Dietrich, Weingutsdirektor Staatsweingut Meersburg, und Thomas Hagenbucher, Betriebsleiter am Weinanbaugebiet Olgaberg am Hohentwiel. Foto: Holger Hagenlocher
Jürgen Dietrich, Weingutsdirektor Staatsweingut Meersburg, und Thomas Hagenbucher, Betriebsleiter am Weinanbaugebiet Olgaberg am Hohentwiel. Foto: Holger Hagenlocher

Insgesamt bedeute Öko-Weinbau einen deutlich höheren Arbeitsaufwand, der sich auch in einer höheren CO2-Belastung durch den Maschineneinsatz niederschlage, so Dietrich. Ein klassischer Zielkonflikt. Auch mit dem Anpflanzen von Rebsorten, die es am Hohentwiel bisher nicht gab, müsse experimentiert werden. So werde in der Mulde am Fuß des Olgabergs wegen der dort höheren Luftfeuchtigkeit jetzt Souvignier gris, eine 1983 neu gezüchtete pilzwiderstandsfähigere Weißweinsorte, angebaut, um den entsprechenden Bedingungen gerecht zu werden. Die Umstellung der Bepflanzung sei dabei ein fließender Übergang, bei dem immer zu berücksichtigen ist, dass die Mischung aus jungen und alten Lagen stimmt. „Reben stehen in der Regel bis zu 30 Jahren, wobei es nach der Pflanzung drei Jahre dauert, bis sie zum ersten Mal Ertrag liefern“, ergänzt Betriebsleiter Hagenbucher.
(hhr)

 

 

Das Staatsweingut Meersburg

Im Zuge der Säkularisierung 1802/03 durch Napoleon fiel das Fürstbischöfliche Weingut in Meersburg an das junge Großherzogtum Baden und wurde als „Großherzoglich-Badische Domänenkellerei“ die erste Weinbaudomäne Deutschlands. Erst nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte die Umbenennung in Staatsweingut. Heute gehört das Unternehmen dem Land Baden-Württemberg und ist als Landesbetrieb dem Finanzministerium unterstellt. Das Staatsweingut Meersburg besitzt Lagen in Meersburg, Gailingen am Hochrhein und am Hohentwiel („Olgaberg“) mit insgesamt rund 63 Hektar Rebfläche. Davon 6,5 Hektar in Singen.
Als erstes Weingut in Baden wurde das Staatsweingut Meersburg im Juli 2012 mit dem Nachhaltigkeitssiegel FairChoice® zertifiziert. Seit 2016 ist es das erste klimaneutral arbeitende Weingut Baden-Württembergs. (hhr)

Olga Königin von Württemberg. Quelle: Wikimedia, Public Domain/Common Licence
Olga Königin von Württemberg. Quelle: Wikimedia, Public Domain/Common Licence

Woher der Olgaberg seinen Namen hat

Die Festung auf dem Gipfel des Hohentwiels und die Weinberge, aus denen der Wein für die Besatzung der Festung kam, gehörten dem Herzogtum und späteren Königreich Württemberg. Der Olgaberg verdankt seinen Namen der württembergischen Königin Olga, Ehefrau des württembergischen Königs Karls I. und Tochter des russischen Zaren Nikolaus I. und seiner Ehefrau Charlotte von Preußen. Olga engagierte sich besonders im sozialen Bereich; ihr reiches Privatvermögen gab ihr dazu die nötigen Mittel. Ihr karitatives Engagement prägt noch heute die Erinnerung an sie. So steht ihr Name für zahlreiche wohltätige Stiftungen, wie in Stuttgart das Olga-Hospital („Olgäle“) oder das Karl-Olga-Krankenhaus. Aufgrund ihrer großen Beliebtheit wurden nach ihr nicht nur zahlreiche karitative und öffentliche Einrichtungen, sondern unter anderem auch eine Meerenge im Spitzbergenarchipel („Olgastraße“) und der Weinberg am Hohentwiel („Olgaberg“) benannt. (hhr)

Königin Olga von Württemberg. Quelle: Wikimedia, Public Domain/Common Licence
Königin Olga von Württemberg. Quelle: Wikimedia, Public Domain/Common Licence

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